Grundstein
Juli 2022
Banane
Im Januar 2022 wurde die agoutifarbene Banane zusammen mit zahlreichen Schweinekollegen von einem Vermehrer produziert und zum Verkauf angeboten. Von dort wurde sie gemeinsam mit einem Geschwisterschweinchen freigekauft und zog in eine kleine Schweinegruppe. In Rödingshausen wohnte Banane zusammen mit "Zuckerstücken", "Vanillepudding" und einem weiteren süßen Schweinchen in einer Art Kommune. Dort erhielt sie auch ihren fruchtigen Namen.
Während Banane mit ihren Schweinekollegen bestens zurechtkam, hatte sie aber Probleme beim Kontakt mit Kindern. Sie war sichtlich gestresst und ängstlich, wenn Kinderhände nach ihr griffen und zog sich immer weiter zurück. Weil ihre Zweibeiner nur das Beste für sie wollten und bemerkten, wie unwohl sich Banane fühlte, schalteten sie eine Kontaktanzeige, in der Banane nach einem neuen Zuhause mit ruhigen Umgebungsbedingungen suchte.
Die Öttis meldeten sich bei ihr, beschrieben ihr ruhiges, entspanntes und dekadentes Schweineleben und überzeugten Banane, dass ein Umzug lohnenswert wäre. So zog Banane am 16.07.2022 bei den Öttis ein und machte mit Eddie, Lotti und Yuni zunächst im Vergesellschaftungsgehege Bekanntschaft.
Schnell merkten alle, dass Banane eine unkomplizierte Frucht mit nettem Charakter war und nach nur einer Nacht zogen sie am nächsten Morgen zu viert ins Schweineheim ein. Dort musste insbesondere Lotti noch einmal klarstellen, dass sie eine Banane über sich in der Rangfolge auf keinen Fall dulden würde, kloppte noch ein paar mal kräftig auf die verschreckte Banane drauf und ging dann aber zu einem friedlichen Zusammenleben über.
An den ersten Tagen zeigte sich noch deutlich die Schreckhaftigkeit. Banane war kaum irgendwo zu sehen, schnappte sich nur gelegentlich flott ein Gemüsestück, um damit in die nächstbeste Hütte zu rennen. Doch schon nach wenigen Tagen schien sie zu bemerken, dass sie in ihrem neuen Zuhause nichts zu befürchten hatte und traute sich sogar schon, Gemüse aus der Hand abzuholen und auch mal ohne Dach über dem Kopf zu fressen.
Nun musste Banane erst mal bei den Öttis ankommen, ihre Gepflogenheiten (und Ungepflogenheiten) kennenlernen und zu einem festen Gruppenmitglied werden.
Typisch Banane:
- Flitzbanane
- Hochsprungausnahmetalent
- DAS Krallenschneidproblem
- reißt nicht, zupft vorsichtig
- Brettüberwinderin
- geht im Hintergrundrauschen der Digitalkamera verloren
- Kinderphobie
- fühlt sich von Sehstrahlen gekitzelt
- Kommunenbewohnerin
- verbringt viel Zeit in ihrer Reifekammer
- Kohlrabiblattliebhaberin
- bleibt lieber im Hintergrund
- kann Schritte in Filzpantoffeln durch eine Zimmerdecke hören
- forscht an der Entwicklung von Bananasan ©
- möchte eine Bauchbume sein
- Schwebebahnane
- Zweitwohnsitz in der Grünabfallkiste im Supermarkt
- fluffig wie eine Pusteblume
- kaut lange und gründlich
- bei Yuni in der Ausbildung zur Knusper-Lausch-Expertin
- Korkenzieherbarthaar
- entspricht nicht der europäischen Krümmungsrichtlinie
- fängt bei Aufregung an zu grunzen
- vorbildliche Patientin
- Singstimme
- Mikadotalent
- antwortet auf ein Piepen der Festplatte mit einem Quietschen
Ergänzung Oktober 2022
Nach drei Monaten hatte sich Banane bei den Öttis gut eingelebt. Sie wurde eine friedliche Mitbewohnerin, die aufgrund ihrer Kommunenvergangenheit mit den unterschiedlichsten Typen gut auskam und auch kleine Macken und Sonderlichkeiten akzeptierte. Bei Banane durfte jeder so sein, wie er oder sie eben ist.
In die Abläufe und Gewohnheiten der Öttis hatte sich Banane gut eingefügt. Als Lieblingsaufenthaltsort hatte sie sich die Fabrik ausgesucht, in der sie sich eine kleine Reifekammer eingerichtet hatte. Dorthin zog Banane sich zurück, wenn sie Ruhe brauchte oder wenn ihr irgendetwas nicht geheuer war.
Menschen, Hände und grundsätzlich alles, was sich auf sie zu bewegte, war für Banane immer noch ein schwieriges Thema. Wenn jemand den Raum betrat, war Banane erst mal weg. Sobald sich jemand auf das Schweineheim zubewegte, legte Banane schnellstmöglich den Rückwärtsgang in Richtung Reifekammer ein. Hände, die sich in ihrer Nähe bewegten, lösten bei ihr zuverlässig den Fluchtreflex aus. Die Erfahrungen der ersten Lebensmonate saßen tief und die erlernte Angst ließ sich nur schwer ablegen.
Mit viel Geduld, Ruhe und einigen Erbsenflocken hatte Banane inzwischen gelernt, dass nicht jede Hand unmittelbarer Anlass für Panik bedeutete. Eine ruhige Hand konnte Banane schon häufig für eine Weile in der Nähe aushalten – unter skeptischer Beobachtung natürlich. Wenn sich Banane ganz doll anstrengte und konzentrierte, schaffte sie es manchmal auch schon sitzenzubleiben, wenn sich jemand vorsichtig und ruhig dem Schweineheim näherte. Kleinste Störungen brachten sie allerdings sofort aus dem Takt und ließen sie in alte Verhaltensmuster zurückfallen.
Für uns war es am wichtigsten, dass sich Banane mit ihren Schweinekollegen wohlfühlte und das war ganz offensichtlich der Fall. Sobald die Öttis unter sich waren, war Banane entspannt und angstfrei. Und alles andere würde sich hoffentlich mit der Zeit auch noch weiter verbessern.
Ergänzung Juli 2023 – ein Jahr Banane
Fast ein ganzes Jahr hat es gedauert, bis Banane eines Morgens plötzlich wie selbstverständlich mitten in der Öttibande saß und frühstückte, obwohl sich ein Zweibein zu ihnen gesellte. Zu unserer großen Überraschung blieb Banane einfach sitzen und futterte weiter, als wäre dies das Normalste der Welt.
Während Banane es bisher immer vorgezogen hatte, sich ein Gemüsestück vom Buffet abzuholen und dieses dann fortzuschleppen, um es in sicherer Entfernung zu verspeisen, war nun offenbar die Waagschale gekippt: Was wiegt schwerer? Die Angst geschnappt zu werden oder die Bequemlichkeit, mit den anderen gemeinsam direkt am Buffet zu frühstücken?
12 Monate Beobachtung entspannter Schweinekollegen und 12 Monate Erfahrungssammlung, dass niemand beim Frühstück plötzlich weggeschnappt wird, hatten bei Banane zu der Erkenntnis geführt, dass sie es sich leisten konnte, ein ganzes Stück mutiger zu sein. Und das war sie! Wer sich ohne hektische Bewegung näherte, konnte Banane am Kopf kraulen oder zwischen den Schulterblättern massieren.
Immer öfter nahm Banane direkt Kontakt zu ihren Zweibeinern auf, um zu prüfen, ob etwas Leckeres dabei herausspringt. Entweder pirschte sie sich vorsichtig schnuppernd an, oder sie teilte mithilfe ihres äußerst lauten Organs mit, dass es mal wieder an der Zeit für eine kleine Zwischenmahlzeit war – völlig unabhängig von Tages- und Uhrzeit.
Wir freuten uns sehr, dass Banane weiterhin Fortschritte machte, sichtbar entspannter wurde und ihr Schweineleben immer mutiger genießen konnte.
12.09.2024
Liebe kleine Banane,
gerade einmal zweieinhalb Jahre warst du jung, als du unerwartet aus unserer Mitte gerissen wurdest. Wir waren uns sicher, dass wir dich am selben Abend munter wiedersehen würden, als du morgens ganz mutig deine Fahrt zu einem kleinen Eingriff angetreten bist. Das Wort Narkoserisiko war bis dahin für uns nur Theorie und wurde zur traurigen Realität.
Dir beim Aufblühen zuzusehen hat uns sehr glücklich gemacht. Von deiner anfänglich großen Angst war zuletzt nichts mehr zu bemerken. Obwohl du nur wenig sehen und tasten konntest, hast du mutig Kontakt aufgenommen und immer mehr Selbstvertrauen gewonnen. Mit deiner schönen Pfeifstimme hast du gut gelaunt nach Futter gerufen und so die gesamte Schweinebande versorgt. Neben dir dufte sich sogar Lotti manchmal groß fühlen. Dein sanfter Charakter hat es uns besonders leicht gemacht, dich ins Herz zu schließen. Dort hast du für immer einen Platz.
Wir vermissen dich.
mit Banane in der Obstschale