Grundstein
Februar 2014
Die Prinzessin auf der Erbsenflocke
Es war einmal ein meerchenhafter Schweinchen-Prinz, der im besten Schweinealter und daher auf der Suche nach der passenden Gemahlin war. Er streifte durchs Land und schaute in jede Korkröhre und schnüffelte unter jeden Strauch, um seine Traumfrau zu finden.
Doch keine der Schweinedamen, die er traf, wollte so recht passen. Die eine war ihm zu launisch, die andere zu plüschig und wieder eine andere zu dick. Zwar mochte der Schweineprinz gerne dicke Plüschpopos, aber er hatte auch Sorge, dass eine zu gefräßige Gemahlin ihm das beste Knollengemüse wegmampfen könne, also wollte er lieber eine zierliche, zurückhaltende Schweinedame zur Frau.
Nach einiger Zeit der vergeblichen Suche hatte er die Hoffnung schon fast ganz aufgegeben und er kehrte traurig in sein Schloss zurück. An diesem Abend gab es ein großes Unwetter. Es stürmte, hagelte, blitzte und regnete zugleich.
Als es sich der Schweineprinz in seinem Kaminzimmer gerade gemütlich gemacht hatte, und er sich seine gerösteten Maiskörner schmecken lassen wollte, klopfte es an die Schlosspforte. Draußen saß eine kleine, getupfte Schweinedame, deren Fell triefend nass vom Regen war und in alle Himmelsrichtungen abstand.
Der Prinz war ganz gerührt von ihrem Anblick und bat sie herein, um das nasse Fell zu trocknen und Schutz vor dem Unwetter zu finden. Er reichte ihr trockenes Stroh, in das sich die kleine Schweinedame dankbar hineinkuschelte. Der Schweineprinz beobachtete die kleine Schweinedame verstohlen und bemerkte, wie kugelrund und glänzend ihre schwarzen Kugelaugen waren; wie entzückend schlappig ihre kleinen Lederschlappohren waren und wie zierlich ihre kleinen Gummifußsohlen waren. Außerdem war sie freundlich und wirklich nicht allzu gefräßig. Ob sie vielleicht die lang gesuchte Frau für ihn war?... Doch mit diesem struppigen Fell, das wirr in alle Richtungen abstand, kam sie als Gattin für ihn leider nicht in Frage. Ein Rosettenmix! Was seine Eltern, der König und die Königin wohl sagen würden? Nie im Leben würden sie gestatten, dass er eine buntgetupfte Rosettendame zur Frau nehmen würde. Seine Gattin, die schließlich einmal Königin des Schweinelandes werden würde, musste eine ehrenwerte Dame mit bester Abstammung und edlem Aussehen sein. Eine echte Prinzessin.
Dennoch lud er die Schweinedame ein, mit ihm und seinen Eltern gemeinsam zu Abend zu essen. Es gab leckeren Salat und knackige Möhren und köstlichen Biofenchel, den sich nur wirklich königliche Schweine mit einer gut gefüllten Schatzkammer leisten können. Während des Abendessens bemerkte die Schweinekönigin, wie sehr die kleine, strubbelige Schweinedame ihrem Sohn gefiel. Sie bemerkte, wie er ihr heimliche Blicke zuwarf und beim Essen immer wieder – wie zufällig – ihr Fell mit seiner Nase streifte. Als ihr Sohn der fremden Besucherin dann auch noch seinen frischen Dillstengel zum Nachtisch überließ, erkannte sie, dass der Prinz der kleinen Strubbeldame längst verfallen war.
Aber so eine dahergelaufene Rosette zur Frau? Für ihren fürstlichen Sohn? Undenkbar. Nur eine echte Prinzessin durfte an der Seite ihres Sohnes wuseln. Also ersann sie eine List, um herauszufinden, ob königliches Blut in den Adern der kleinen Schweinedame floss: Sie richtete der Besucherin ein gemütliches Zimmer für die Nacht und lud sie ein, bis zum nächsten Morgen im Schloss zu verweilen, und die Reise am nächsten Tag bei hoffentlich besserem Wetter fortzusetzen. Die kleine strubbelig Dame willigte gerne ein und bestaunte das Nachtlager, dass ihr die Schweinekönigin bereitet hatte: Zwanzig Kuschelbetten und Deckchen lagen dort aufeinander und bildeten einen großen Stapel, den die Schweinedame nur mit großem Geschick besteigen konnte. Oben angelangt, ließ sie sich in den weichen Stapel hineinsinken und schloss die großen Kulleraugen.
Sie ahnte nicht, dass die Schweinekönigin ganz zu unterst eine Erbse versteckt hatte…
Am nächsten Morgen saßen das königliche Schweinepaar und ihr Sohn bereits am Frühstücksbuffet und machten große Augen, als sie die kleine Schweinedame die große Schlosstreppe heruntertrippeln sahen. Die Schweinedame hatte ihr Fell geglättet und geputzt, sodass es glänzte wie die Sonne. Das Fell lag glatt und edel an, sodass das schöne Muster noch besser zur Geltung kam. Scheinbar hatten nur der Regen und der Wind am Vorabend ihr Fell so durcheinander gebracht. Nun sah sie elegant und sehr hübsch und gepflegt aus.
Sie gesellte sich zu den anderen und knabberte begeistert an den Heuspezialitäten, die zum Frühstück gereicht wurden.
Die Schweinekönigin fragte höflich, wie sie denn geschlafen habe. Da antwortete die kleine Schweinedame: „Ich habe ganz herrlich geschlafen auf den vielen weichen Decken. Und von irgendwo her schnupperte es ganz köstlich nach Erbse, sodass ich viele leckere Träume von den köstlichsten Leckereien hatte. Anfangs hat irgendetwas ein bisschen gedrückt, aber ich habe mich ein bisschen hin und her gerollt und danach habe ich ganz herrlich gelegen.“
Da wusste die Königin, dass die kleine Schweinedame von königlicher Abstammung sein musste. So eine feine Nase und so ein feines Gespür hatten nur wirklich feine Damen der besten Herkunft. Die Königin lief sogleich in das Schlafgemach der Besucherin und schnobberte unter dem großen Deckenstapel herum. Denn obwohl sie eine Schweinekönigin mit gut gefüllter Schatzkammer war, wollte sie die leckere Erbse nicht einfach so vergeuden. Von nichts kommt schließlich auch nichts….
Die Schweinekönigin fand die Erbse dort, wo sie sie am Vorabend versteckt hatte. Enttäuscht stellte sie jedoch fest, dass die Erbse plattgedrückt und über Nacht ziemlich vertrocknet war. Aber sie duftete immer noch ganz köstlich. Vorsichtig knabberte die Schweinekönigin an der plattgedrückten Erbse und stellte überrascht fest, dass diese nun viel leckerer war, als eine frische Erbse. So crunshig und knusprig. Lecker!
Freudig lief sie zurück zu ihrer Familie und berichtete von dem gelungenen Experiment. Leider hatte sie in ihrem Rausch die ganze plattgedrückte Erbse alleine weggeschmatzt und konnte den anderen Schweinen nur noch mit blumigen Worten umschreiben, wie köstlich diese trockene, gequetschte Erbse gemundet hatte. Also bat sie die kleine getupfte Schweinedame, noch ein paar Tage zu bleiben und des Nachts einige Erbsen platt zu liegen.
Die kleine Besucherin hatte nichts dagegen einzuwenden, da sie den Schweineprinzen sehr nett fand und sich auch sonst im Schloss sehr wohl fühlte. Sie blieb Woche um Woche, lag immer neue Erbsen platt, die jedoch am nächsten Morgen schon zum Frühstück gemeinsam weggeschmatzt wurden, sodass sie wieder über Nacht bleiben musste.
Sie lernte den Schweineprinzen immer besser kennen und lieben und nach einiger Zeit nahm der Prinz die kleine getupfte Schweinedame zu seiner Frau. Sie feierten ein großes Fest und als besondere Köstlichkeit reichten sie ihren Hochzeitsgästen die leckeren, plattgelegenen, getrockneten Erbsen, die zu Ehren ihrer Erfinderin namens „Flocke“ mit dem Namen „Erbsenflocke“ bezeichnet wurden.
Und wenn sie nicht gestorben sind, dann liegen die kleine getupfte Schweinedame Flocke und ihr Prinz noch heute jede Nacht gemeinsam auf einem großen Deckenstapel und freuen sich morgens zum Frühstück über die köstlichen, knusprigen Erbsenflocken.
Mit dabei:
Fips
als edler Prinz mit Edelschimmel am Ohr
Muffi
als königliche Erbsennascherin
Komparselani
als Hofstaat
und
Flummi
als plüschige Produktentwicklerin
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