Grundstein
August 2012
Abfall?
Man möchte nicht wirklich wissen, wieviel Geld der Mensch für unnötige und ungesunde Meerschweinchen-Leckereien ausgibt. Im Angebot des örtlichen Heimtier-Händlers gibt es Joghurt-Drops, Körnermischungen, Nager-Eis und gepresste pflanzliche und tierische Nebenerzeugnisse in unterschiedlichen Formen und Farben.
Wir stellen uns immer einen tschechischen Backwarenbetrieb vor, in dem abends nach Schichtende eine Putzkolonne durch die Produktionshallen zieht. Der zusammengefegte Dreck wird am nächsten Tag in runde Formen gepresst und mit Farbstoff versehen. Ab in eine bunte Packung mit lustigen Zeichentrickmeerschweinchen drauf, und fertig ist das Leckerli für unseren Heimtiermarkt. Besonders hochwertige Produkte sind mit Zeichentrickmeerschweinchen die einen Matrosenanzug anhaben gekennzeichnet. Es sind ja schließlich
MEER-Schweinchen…
Die meisten Konsumenten bzw. Einkäufer für unsere kleinen felligen Konsumenten interessieren sich nicht für Inhaltsstoffe und Verträglichkeit. Hauptsache bunt und den Vorstellungen der Menschen angepasst. Die Inhaltsstoffe müssen nur den menschlichen Kunden ansprechen, denn unsere kleinen Leute gehen nur selten selber einkaufen.
Dabei gibt es sogar „Abfall“, den unsere Meerschweinchen nicht nur gerne essen, sondern der auch noch verträglich ist. Abgesehen davon wird Abfall nicht bezahlt oder wurde bereits bezahlt. Kann man das von einer Packung Nager-Eis für 4,99 € behaupten?
Man sollte aber immer darauf achten, genau wie bei Gemüse, ob der „Abfall“ auch wirklich frisch ist. Vergammelte, verwelkte und dreckige Dinge haben im Meerschweinchenmagen nichts zu suchen. Dann doch lieber ein paar Euro für Möhren, Fenchel und Co. ausgeben.
Die Müllkiste im Supermarkt
In unseren Supermärkten und Discountern stehen in fast jeder Gemüseabteilung Müllkisten. Randvoll mit Kohlrabiblättern, Blumenkohlblättern, Möhrengrün,... Diese werden von anderen Kunden oft frisch abgerissen und dürfen in den meisten Läden kostenlos mitgenommen werden. Und für so ein Kohlrabiblatt macht sich die
Ninja
sogar riiiiichtig laaaang!
Ausnahme ist die bei uns ansässige Marktkauffiliale. Hier wird einem an der Kasse das Möhrengrün wieder abgenommen: „Tut mir leid, aber das darf ich Ihnen nicht mitgeben. Anweisung von oben. Vielen Dank, dass ich den restlichen Arbeitstag Blumenkohlblätter an meinem Arbeitsplatz liegen habe.“ Ist ja auch OK. Warum sollte man auch Abfall an langjährige Kunden verschenken, die jede Woche überteuerte Lebensmittel zu durchwachsener Qualität kaufen. Denn oft möchte man den 4,99 Euro Bio-Fenchel ebenfalls direkt in die Bioabfalltonne geben, so gammelig wie der aussieht.
Auf jeden Fall sollte man, wenn man Gemüsereste aus der Abfallkiste mitnehmen möchte, ebenso wie bei normalem Gemüse, genau darauf achten, ob es auch wirklich frisch ist. Dann doch lieber ein paar Euro für ein Bund Möhren ausgeben. Die fälligen
Tierarztkosten
sind, abgesehen von der unnötigen und unangenehmen Behandlung, wesentlich teurer als frische
Kräuter
und Biogemüse. Aber vielleicht haben die Marktkaufmitarbeiter auch einfach nur Angst, dass die Öttis von uns nur mit dreckigen Abfällen ernährt werden… .
Küchenreste
Ernährt sich der Mensch halbwegs gesund, steht regelmäßig Gemüse auf dem Speiseplan. Die meisten
Gemüsesorten
würden den Öttis zwar auch munden, aber die futtern einem dann immer alles weg und es bleibt nur noch der Rollbraten ohne Beilage übrig. Schon mal von Leipziger Allerlei ohne Kohlrabi, ohne Möhren und ohne Erbsen (werden zu
Erbsenflocken
weiterverarbeitet) satt geworden? Ziemlich mau, wenn die Schwiegereltern zum Festessen eingeladen wurden. Von daher muss man sich überlegen, wie man selbst noch Gemüse zu essen bekommt und die Öttis dabei nicht ganz leer ausgehen.
Die Brokkolistiele, die noch gut aussehen, einfach abschneiden...
…und zusammen mit einem feuchten Küchentuch in einer Box im Kühlschrank lagern. So halten sie ein paar Tage frisch und sind eine gelungene Abwechslung im Ötti-Speiseplan.
Wenn man beim
Kochen
allerdings etwas darauf achtet, fällt eigentlich immer was für die Schweinchen ab.
Pizza wird zum Beispiel bei uns immer mit frischen Tomaten belegt. Die Tomaten werden in Scheiben geschnitten und die Endstücke nehmen wir eigentlich immer nur ungern. Also ab in den Öttimagen! Brokkoliröschen sind super lecker. Die Stiele werden aber meist nicht verwendet. Für Meerschweinchen sind die Stielscheiben eine gelungene Abwechslung. Die Gurken werden für den Salat immer geschält? Mmmh, lecker Gurkenschale! Kocht man mit Paprika, muss der grüne Stiel zwar immer entfernt werden, aber die Streifen mit den Kernen gehören zu den Lieblingspeisen von
Mr. Schnips.
Rote Beete, Karotten und Mairübchen
kaufen wir oft im Bund. Die Knolle/Wurzel wird gekocht und die Blätter stellen wir in ein Wasserglas. Hier bleiben sie ein oder zwei Tage frisch und sind ein wunderbarer Schmatz für unsere felligen Blattläuse.
Aber nicht nur die nicht verwendeten Reste kommen auf den Speiseplan. Man kann doch von der Paprika, dem Kohlrabi, der Steckrübe, … vorher immer ein kleines Stückchen abschneiden. Kopfsalat? Zwei oder drei Blätter kann man bestimmt für die kleinen Leute erübrigen. Und Tzatziki schmeckt genau so gut, wenn ein paar cm Gurke fehlen. Mengenmäßig merkt das später niemand und die Meerschweinchen haben einen nahezu kostenlosen abwechslungsreichen Anteil am menschlichen Festessen.
Natürlich sollte man sich vorher immer überlegen, was Meerschweinchen eigentlich bedenkenlos mitmampfen dürfen. Kartoffelschalen, Tomatenhünzel, Sauerkraut und Suppenhuhnknochen sollte man dann doch lieber wegwerfen.
Eine Alternative bietet natürlich die Umstellung der eigenen Ernährung auf öttigan. Öttiganer essen nur Dinge, die Meerschweinchen auch essen dürfen. Der durchschnittliche Öttiganer setzt sich dann einfach mit einem großen Gemüseteller mit ins Einstreu und alle essen vom selben Teller. Ob der menschliche Öttiganer nach seinem Verdauungsschläfchen dann ebenfalls einen Bohnenschmatz macht, ist uns leider bzw. zum Glück nicht bekannt.
Unkraut
Unkraut vergeht nicht. Und das ist auch gut so. Oder?
Kennen Sie das? Treibt Ihre mit der Nagelschere geschnittene Rasenfläche Engländer in den Suizid und lässt Landschaftsarchitekturstudenten hoffnungslos Hartz4 beantragen? Haben die Nachbarn inzwischen an der Grundstücksgrenze 3 Meter hohe Mauern errichtet, damit sie nicht vor Neid jedes Mal in Tränen ausbrechen, wenn sie ihre kümmerlichen Brombeeren beschneiden oder ihren Rasen kaputtdüngen?
Der grünbedaumte Gartenästhet hat aber, seitdem die Öttis da sind, immer mehr mit Gewissensbissen zu kämpfen. Was früher noch bedenkenlos abgeflammt, rausgerissen, totgesprüht oder weggesprengt wurde, ist heute ein Oberschmatz für die vierbeinigen Mitbewohner. Jeder herausgestochene Löwenzahn ist ein Genuss, jede Brennnessel könnte man auch trocknen und dieser verdammte Giersch ist ja sooo lecker.
Und wenn gerade kein Unkraut wächst, kann man auch einfach ein paar Büschel Gras rausreißen. Da spart man dann später mächtig viel Zeit beim Rasenmähen.
Damit der Blumenbeetfetischist trotzdem weiterhin seinen super gepflegten Garten behalten darf ohne bei jedem Unkrautjäten an hungrige Meerschweinchen denken zu müssen, pflanzt er als Alternative zum Beispiel
Sonnenblumen
an. Die sind optisch ansprechender als Spitzwegerich und werden von den kleinen Terroristen im Fellkostüm ebenfalls gerne gegessen. In der Hoffnung, dass niemand verrät, dass jedes Jahr tonnenweise leckeres Unkraut weggejätet wird. Für uns klingt das zwar ein bisschen wie Saufen für den Regenwald, Fleischwurstessen für Brot-für-die-Welt oder Atom-U-Boote für den Frieden, aber Hauptsache die Öttis kriegen irgendwas Leckeres aus dem Garten…
Baumschnitt
Bäume werden regelmäßig geschnitten, gekürzt, onduliert und okuliert und von Hunden auch anuriniert.
Von essbaren Bäumen
wie zum Beispiel Apfel, Birke oder Haselnuss kann man super kleinere Äste bei der Baumbeschneidung abzwacken und frisch verfüttern und/oder zum Trocknen aufhängen. Wer keinen eigenen Baumbestand hat, weil kein Garten vorhanden ist oder die Birke nicht vernünftig im Balkonkasten anwurzelt, kann sich ja bei Nachbarn, Verwandten, Bekannten oder psychopathischen Serienmördern die einen Apfelbaum haben, erkundigen, ob man hin und wieder einen Ast abkneifen darf oder fragen, ob sie Bescheid geben würden, wenn das nächste Mal geschnitten wird. Wobei man etwas vorsichtig sein sollte, wenn der psychopathische Serienmörder mit einer Astschere in der Hand an der Tür klingelt…
Hasenapfel
Hasenäpfel sind keine Hinterlassenschaften von Pferden, die einen Feldhasen verspeist haben! Als Hasenäpfel werden in unserer Region die Äpfel bezeichnet, die morgens mit schläfrigen Augen mühsam geschält werden, den ganzen Tag in einer Butterbrotsdose in der Arbeitstasche hin und her kullern und abends wieder ausgepackt werden. Da der schwer arbeitende Mensch mal wieder seine tägliche Vitaminzufuhr vernachlässigt hat, sind Meerschweinchen gerne bereit, als
Abfallverwerter
herzuhalten. Ein Stückchen Apfel ist eine süße Abwechslung vom sonst zuckerarmen Speiseplan der Öttis. Und das, obwohl sie keine Hasenäpfel sondern
Meerschweinchenbirnen
sind!
Abfall? Wertstoff!